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Fachartikel aus MECHATRONIK 7-8/2018, S. 49 bis 51

B&R

OPC UA TSN: einheitliches Netzwerk für die Autoindustrie

Automobilhersteller gelten als Vorreiter bei der Implementierung von hochautomatisierten Prozessen und modernen Fertigungsstrategien. Bei genauer Betrachtung trifft das jedoch nur innerhalb der einzelnen Gewerke zu. Es fehlt ein einheitliches Netzwerk für die Überwachung und Steuerung des Gesamtprozesses. Mit OPC UA TSN wird sich das ändern.

Seit Jahren werden Autokarosserien auf vollautomatischen Produktionsstraßen von hochsynchronisierten Robotern zusammengeschweißt – der Mensch muss lediglich überwachen, ob alle Maschinen korrekt arbeiten. „Was wie ein Paradebeispiel für die Produktion der Zukunft aussieht, hat jedoch einen Schwachpunkt“, sagt Maurizio Tarozzi, Head of Business Development Industries bei B&R. Zwischen den einzelnen Produktionsschritten gibt es keine einheitliche Kommunikation. Daten können nur über eigens programmierte Schnittstellen ausgetauscht werden. „Es gibt weder eine einheitliche Produktionssteuerung, noch eine einheitliche Datenbasis.“

Digitale Vernetzung

Häufig hat jedes Gewerk nicht nur ein eigenes Steuerungssystem, sondern sogar eine komplett eigenständige IT-Infrastruktur. „Der Aufwand für die Konfiguration und Administration einer so großen Zahl an Netzwerken ist sehr hoch“, sagt Stefan Bina, Technology Manager Open Automation bei B&R. Eine Kommunikation zwischen den einzelnen Inseln ist nur über eigens programmierte Gateways möglich. „An dieser Stelle werden viele Ressourcen verschwendet.“ Während innerhalb der Gewerke die Prozesse und Abläufe hochgradig verbessert und automatisiert sind, gibt es nur marginale Abstimmungen zwischen den einzelnen Prozessschritten.

„Ein einheitliches Netzwerk ist ein erster Schritt, um die Produktion digital zu vernetzen“, sagt Bina. Dafür bedarf es einer Kommunikationstechnologie, die von allen Geräten und Komponenten herstellerübergreifend verstanden wird. Dazu gehören Maschinen und Linien, aber auch einzelne Sensoren und Aktoren sowie übergeordnete Systeme wie MES-, SCADA- und ERP-Systeme.

Herstellerunabhängige Kommunikation

„Die Ansprüche an eine solche Kommunikationstechnologie sind hoch“, betont Bina. Die Technologie muss zum Beispiel die Echtzeitsynchronisierung von Achsen ermöglichen. Darüber hinaus soll sie über integrierte Security-Mechanismen für die Übertragung von Daten in die Cloud verfügen und herstellerunabhängig sein.

„Für die Automobilindustrie wird OPC UA TSN ein riesiger Schritt vorwärts“, ist Tarozzi überzeugt. Damit wird nicht nur die Echtzeitkommunikation zwischen den Gewerken ermöglicht, auch die Kommunikation zu übergeordneten Systemen wird durchgängiger, schneller und effizienter. Die Produktionsplanung kann dadurch viel genauer werden und in Echtzeit auf Engpässe reagieren. Zudem stehen historische Daten zur Verfügung, die vom Controlling oder der Geschäftsleitung jederzeit eingesehen werden können.

Analyse großer Datenmengen

„OPC UA TSN ermöglicht, dass große Datenmengen erfasst und zum Beispiel in einem Edge Controller oder in der Cloud analysiert werden“, sagt Bina. Die aufbereiteten Daten helfen dabei, die Produktion zu optimieren. Möglich wird dies unter anderem durch die Informationsmodelle von OPC UA. „Das Protokoll transportiert nicht nur dimensionslose Daten“, erläutert Bina. Vielmehr kann jeder Variablenwert mit zusätzlichen Informationen versehen werden, zum Beispiel einer Einheit, Maximalwerten und einer Beschreibung. „Das erleichtert die herstellerübergreifende Kommunikation und die Weiterverarbeitung von Daten ungemein“, betont Bina. Somit können Geräte unterschiedlicher Hersteller in einem System miteinander kommunizieren, ohne dass dabei Gateways oder Schnittstellen vorher programmiert werden müssen.

Die Aufwände für Verwaltung, Konfiguration und Administration sinken massiv, wenn nur noch ein Netzwerk vorhanden ist. „Ich brauche nicht mehr zehn unterschiedliche Spezialisten für zehn unterschiedliche Protokolle“, betont Bina. „Zudem arbeiten wir gemeinsam mit zahlreichen anderen Unternehmen aus der Automatisierung und der IT gerade an Mechanismen, mit denen sich OPC-UA-TSN-Netzwerke zukünftig selbst konfigurieren werden. Auch die Diagnose wird sich im Vergleich zu heutigen Netzwerken massiv vereinfachen.“

Vernetzung der Wertschöpfungskette

„Der Nutzen von OPC UA TSN hört jedoch nicht in der Produktion auf“, betont Bina. Die komplette Wertschöpfungskette kann besser vernetzt werden. Durch die Auswertung von Produktionsdaten in Echtzeit kann zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Lieferanten genauer terminiert und stärker automatisiert werden. Auch der After-Sales-Bereich kann noch enger eingebunden werden. „OPC UA TSN ist eine große Chance für die Automobilindustrie“, resümiert Tarozzi. Mithilfe einer homogenen Kommunikationstechnologie werden die Automobilhersteller ihre Produktion weitaus effizienter gestalten können als bisher. Die Produktivität und Rentabilität wird steigen.