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Fachartikel vom 05/28/2013

Knickarmroboter unterstützen die automatisierte Kunststoffverarbeitung

Bewegung tut gut

Ein Kunststoff-Verarbeiter hat entschieden, im Spritzguss und in der Montage grundsätzlich Knickarmroboter zu verwenden – die Auswahlkriterien dabei: Bewegungsmöglichkeiten und komfortable Programmierbarkeit.

Bild: Weiss
Weiss fertigt an zwei Standorten hochwertige Kunststoffkomponenten vor allem für die Automobilindustrie und den Maschinenbau (Bild: Weiss)

Produzierende Unternehmen benötigen für ihre Herstellungsprozesse Flexibilität, was die Automatisierungstechnik angeht. Die Firma Weiss entwickelt und fertigt funktionale Kunststoffkomponenten. Zu den Kunden gehören vor allem die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Da an die Komponenten hohe Anforderungen in Bezug auf Qualität, Funktionalität und Maßhaltigkeit gestellt werden, setzt der Kunststoff-Verarbeiter hochwertige Anlagentechnik ein – vom Spritzguss über die automatisierte Montage bis zur Prüftechnik. Bei der automatisierten Entnahme der Spritzgussteile aus der Maschine wurden bis vor kurzem lineare Handhabungssysteme eingesetzt: Die Linearachsen wurden zugekauft und die Ablaufprogramme selbst geschrieben. Aus diesem Grund entwickelte und fertigte man auch die Greifer grundsätzlich im eigenen Hause.

Mehr Bewegung mit Knickarmrobotern

Obwohl sich die Handhabung bewährte, wurde der Wunsch nach komplexeren Bewegungsabläufen und höherer Flexibilität im Spritzguss – vor allem aber in den nachfolgenden Montageprozessen – immer größer. Daraufhin beschlossen die Verantwortlichen, ein neues Konzept auf der Basis von Knickarmrobotern zu entwickeln. Robert Heller, verantwortlich für die Konstruktion der Automatisierungseinrichtungen bei Weiss: „Wir suchten nicht nach fertigen Lösungen, sondern nach einer Plattform, die wir universell nutzen können – und zwar durchgängig für die gesamte automatisierte Handhabung, von der Entnahme der Bauteile aus dem Werkzeug über unterschiedlichste Montageaufgaben bis zur Verpackung. Auf dieser Grundlage schauten sich die Verantwortlichen auf dem Markt um, befragten Hersteller und Anwender und berücksichtigten bei der Recherche neben der Flexibilität und den Investitionskosten auch die Lebenszykluskosten und die Zuverlässigkeit. Ergebnis der Marktrecherche war die Entscheidung für Yaskawa.

Neuer Standardroboter

Bild: Weiss
Dipl.-Ing. Robert Heller, bei Weiss verantwortlich für die Automatisierungstechnik, entwickelte das neue Handhabungskonzept. (Bild: Weiss)

Weiss entschied sich für das sechsachsige Motoman-Modell HP20D, das sich bei vielen Anwendern für das Handling von kleinen bis mittleren Bauteilen bei hoher Arbeitsgeschwindigkeit bewährt. Dieser Universalroboter benötigt nur minimalen Raum an Installationsfläche und bietet mit 1.717 Millimetern den größten Arbeitsbereich in seiner Klasse. Wenn höhere Lasten zu bewegen beziehungsweise größere Reichweiten abzudecken sind, wird das größere Modell Motoman UP50/MH50 eingesetzt. Der erste Roboter wurde in einer Montage- und Verpackungslinie installiert. Zu seinen Aufgaben gehört das Ablegen von Kettenspannern aus Polyamid in spezielle Trays. Dabei prüft die in den Greifer integrierte Sensorik die Teile auf Vollständigkeit und stellt sicher, dass die Angussteile entfernt sind. Der Roboter stapelt die vollen Trays auf einer Palette und stellt ein Leer-Tray bereit. Für diese verschiedenen Aufgaben benötigt er eine relativ große Reichweite und im Vergleich zu den bisher eingesetzten Portalrobotern zusätzliche Freiheitsgrade.

Integriert in Produktions- und Informationsfluss

Bild: Yaskawa
Basis des neuen Automationskonzeptes ist der Yaskawa Motoman HP20D. (Bild: Yaskawa)

Da der Kunststoff-Verarbeiter gern die Kompetenz des Anlagenbaus im eigenen Hause behält, ist die einfache Programmierbarkeit ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für einen neuen Roboter-Standard gewesen: „Der Roboter muss sich an die Zykluszeiten der Maschine anpassen und deshalb mit der Maschinensteuerung kommunizieren. Auch in das CAQ-System für die Qualitätssicherung sind die Roboter eingebunden. Aus diesen Gründen kommt eine Stand-alone-Lösung für uns nicht in Frage“, erklärt Weiss-Konstrukteur Robert Heller. Zwei Weiss-Mitarbeiter erwarben daher während einer Programmierschulung in der Yaskawa-Akademie das nötige Wissen, um die Grundprogramme zu schreiben, die vom Bediener angepasst werden können. Die erste Anlage wurde innerhalb kurzer Zeit installiert. „Wir mussten etwas umdenken, weil ein Knickarmroboter ganz andere Bewegungsabläufe aufweist. Aber mit Erfahrung in Steuerungstechnik und technischem Verständnis kann man diese Anfängerprobleme leicht bewältigen. Die Anlagen sind wirklich einfach in Betrieb zu nehmen“, so Heller. Weiss übernimmt bei den Roboterstationen selbst die Aufgabe des Systemintegrators: Das Unternehmen integriert auf der steuerungstechnischen Ebene die Spritzgießmaschine mit dem Knickarmroboter und der Sicherheitstechnik. Das hat den Vorteil, dass der Anwender bei Änderungen und Neuprojekten schnell und unabhängig reagieren kann.

Übertragung des Konzeptes auf die Spritzgießtechnik

Bild: Weiss
Der erste Knickarmroboter wurde in der Montage installiert. In den Greifer integrierte Sensorik prüft die Teile während der Entnahme vom Montageband. (Bild: Weiss)

Nachdem die Erfahrungen mit dem ersten Roboter in der Montage und Verpackung positiv waren, übertrugen die Verantwortlichen das Handling-Konzept auf die Spritzgussmaschinen, wo die Roboter die soeben gefertigten Teile entnehmen. Hier bieten Knickarmroboter den Vorteil, dass sie die entnommenen Teile direkt in der Versandeinheit, zum Beispiel in einer Gitterbox, ablegen können. Das vereinfacht und beschleunigt die Abläufe und spart Platz, weil man auf ein Förderband für die Zwischenablage der Teile verzichten kann. Die direkte Verbindung zur Maschinensteuerung und zur QS-Software schafft auch hier die Voraussetzung dafür, dass Ausschussteile direkt erkannt, aussortiert und separat abgelegt werden können.

Werksstandard für alle Anwendungen

Bild: Weiss
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Im zweiten Schritt wurde das neue Handhabungskonzept auf den Spritzguss übertragen. Auf dem Roboterarm ist ein Gehäuse mit Ventilinseln für den Greifern installiert. (Bild: Weiss)

Nachdem diese Applikation ebenfalls ihre Vorteile unter Beweis gestellt hatte, erarbeiteten die Weiss-Verantwortlichen einen Werksstandard für den Einsatz von Knickarmrobotern. Bei beiden Anwendungen – im Spritzguss sowie in der Montage und Verpackung – werden die gleichen Programme verwendet. Robert Heller: „Wir haben eine einheitliche Nomenklatur für die Programmierung festgelegt und auch die steuerungstechnische Anbindung an die Montagelinie vereinheitlicht. Auf Basis dieser Grundentwicklung kann jeder Bediener das Programm an die individuelle Applikation anpassen.“ Inzwischen wurde dieses Konzept an fünf weiteren Spritzgießanlagen verwirklicht. Weiss wird in den kommenden Monaten nicht nur Neuanlagen mit Knickarmrobotern ausrüsten, sondern sukzessive auch ältere, bislang mit linearer Handhabungstechnik ausgestattete Systeme durch Knickarmroboter ersetzen. (sc)

Autor:

Jürgen Riedinger ist Vertriebsleiter bei Yaskawa Europe.