URL dieses Beitrags:

Lesezeichen bei Google setzen Link auf Facebook teilen
Fachartikel vom 04/10/2012

Multifunktionsgreifer steigert Supply-Chain-Management

Einarmiger Herkules

In logistischen Prozessketten ist es erforderlich, große Mengen und Gewichte in kurzer Zeit zu transportieren. Dabei stehen zunehmend automatische Abläufe im Fokus. Für einen großen deutschen Chemiekonzern entwickelte SMB eine Lösung für die automatische Depalettierung und Palettierung pulverbefüllter Fässer.

Bild: SMB International
Der Palletier-Roboter hebt ein Fass von einer Palette. (Bild: SMB International)

„Aufgrund erhöhter Produktionszahlen wurde die zuvor eingesetzte Anlage den zeitlichen Anforderungen nicht mehr gerecht. Der Kunde benötigte eine effizientere und größere Anlage“, erklärt Andreas Heckel, Geschäftsführer der SMB International GmbH, den Auftrag eines großen deutschen Chemiekonzerns. Im Rahmen der Gesamtanlage wünschte der Kunde sowohl an der Depalettierstation, als auch an der Palettierstation einen Roboter. Angelieferte Fässer sollten von den entsprechenden Paletten auf das Förderband für den Befüllvorgang gesetzt und nach Befüllung wieder sorgfältig auf Paletten zusammengestellt werden. Auch der Sicherheitsaspekt spielte eine große Rolle. Das Gerät an sich sollte gesichert und auch im Umkreis arbeitende Angestellte sollten geschützt werden.

Um den Roboter gemäß Kundenanforderung zu optimieren, wurde ein KR 300-PA mit fünf Servo-Achsen durch eine angepasste Software, basierend auf dem KUKA- Grundprogramm, sowie einen Multifunktionsgreifer erweitert. Eine Nutzlast von 300 kg und ein Aktionsradius von rund 3 m zeichnen den KR 300 aus. Herzstück des Roboters ist der Multifunktionsgreifer: konstruiert, gefertigt sowie programmiert von SMB. Hierbei handelt es sich um einen Fass-Klemmgreifer mit Paletten-Greifer und Deckelsaugeinrichtung. Aufgrund ausgefeilter Mechanik ist im Alltagsgebrauch kein Werkzeugwechsel erforderlich. Positionierungen finden über Lasertechnik statt. Ausgelegt ist der Greifer zum Bewegen von Fässern und Paletten. Über ein pneumatisches Paletten-Greifer-Modul für Paletten der Größe CP1 und CP2, stapelt und entstapelt der Roboter, Fassdeckel löst er mittels eines Saugmoduls und legt diese auf eine Bereitstellungsbahn.

Der Roboter wurde unter Einhaltung aller sicherheitsrelevanten Auflagen in das Gesamtsystem integriert. Zur Absicherung des Außenbereiches installierte SMB mechanische Achsbereichsbegrenzungen sowie Sicherheitslichtgitter an Ein- und Ausläufen der Fördertechnik für Fässer und Paletten. Besonders schwierig gestaltete sich dabei die Projektierung des Roboters. Zur Auslegung des Roboters sowie des Greifarms wurden umfangreiche Berechnungen der wirkenden Kräfte vorgenommen, um entsprechend die Verankerung festlegen zu können. Aus den sich ergebenden Berechnungen fertigte der Logistik-Experte ein stabiles Stahlbaugrundgestell für den Roboter.

Depalettieren und Palettieren

Bild: SMB International
Mittels eines Saugwerkzeugs öffnet der Palettier-Roboter einen Fassdeckel. (Bild: SMB International)

An der Depalettier-Station erkennt der Roboter automatisch die Anzahl der Lagen, Zwischenpaletten sowie Gebinde- und Palettengrößen. Gleiches gilt für die Positionen der Fässer. Selbst leere Positionen registriert der Sensor. Über Stapelhöhe und Fasstyp werden sogar Zwischenpaletten erkannt. Die Höhe des ersten Stapels wird an allen Fässern gemessen, da auch unvollständig beendete Stapel von vorherigen Aufträgen zum Einsatz kommen. Diese depalettiert der Roboter vorrangig, wenn der Stauraum vor der Inliner-Einlegestation nicht gefüllt ist und der Auftrag mit der abzuarbeitenden Fasszahl noch nicht abgeschlossen ist. Auf Anforderung durch die Steuerung entnimmt der Roboter dem Palettierplatz ein Fass mittels Saugreifer und stellt es auf die Leergebinde-Rollenbahn. Hier hält ein Spannzylinder das Fass fest. Über ein Saugwerkzeug öffnet der Roboter den Deckel und legt ihn auf eine separate Rollenbahn. Es werden Stapel mit je zehn Deckeln gebildet, die zum Deckeleindrücker transportiert werden. Die Zählung erfolgt in der Steuerung. Gezählt wird die Anzahl der abgestellten Fässer.

Nach Befüllung der Fässer mit dem Pulver führt ein Förderband diese dem Palettier-Roboter zu. Das Gerät übernimmt die Vollfasspalettierung sowie die Palettenbereitstellung. An einem Einzelzuteiler werden die gefüllten und etikettierten Fässer zunächst angestaut. Danach befördern Laufbänder alle Fässer einzeln zum Fassabnahmeplatz. Der Palettier-Roboter entnimmt einzelne Paletten aus dem Palettenlager. Mit Hilfe des Sauggreifers stellt der Roboter die gefüllten Fässer positionsgenau auf die Palette. Unvollständige Paletten (Restpaletten) dürfen nur nach dem Quittieren ohne Stretchung weitergetaktet und ausgeschleust werden. Besondere Anforderung des Chemieunternehmens bei der Palettierung bestand in der Position der Spannringgriffe an den Fässern. Auf den fertiggestellten Paletten durften die Griffe weder nach außen zeigen, noch an die KontaktsteIlen der Fässer gelangen, um Beschädigungen beim Transport zu vermeiden. Zusätzlich programmierte SMB den Roboter darauf, alle Etiketten zur Außenseite zu positionieren.

Absicherung der Roboterzelle

Bild: SMB International
Palettier-Roboter beim Positionieren einer Palette. (Bild: SMB International)

Zur Absicherung von Mitarbeitern und des Roboters errichtete SMB einen Sicherheitszaun. Im Zutrittsbereich wurde ein Tableau mit Taster zum Anmelden und Anzeigen des Zutritts und einer Taste zum Abmelden installiert. Alle Türen sind mit manipulationssicherer Tür-Zu-Abfrage und elektrischer Freigabe mittels Schlüsselschalter versehen, damit kein Unberechtigter Zutritt erhält. Meldet sich ein Mitarbeiter zum Zutritt an, führen Roboter und Stretcher alle Aktionen zu Ende aus und bewegen sich in eine Sicherheitsstellung. Erst dann ist der Zutritt möglich. Beim Verlassen schließt der Mitarbeiter die Tür wieder und quittiert, damit die Tür verriegelt wird und die Anlage wieder startet. Zusätzlich ist an den Zutrittsstellen ein Schlüsselschalter vorgesehen, welcher zum Betreten der Roboterzelle abgezogen werden muss. Nur in dieser Stellung wird die Verriegelung freigegeben. Zum Wiedereinschalten wird der Schlüssel gesteckt und in Stellung eins gedreht. Erst danach startet die Anlage in der Sicherheitszelle.

Innerhalb der Zelle überprüft der Roboter nach einer solchen Unterbrechung alle Bereiche und Komponenten automatisch, um Veränderungen zu registrieren. Dieses passiert insbesondere, wenn der Leerpalettenstapel durch manuelle Zuführung verändert wird. Wurde eine Tür der Roboterzelle geöffnet, tastet der Roboter alle Bereiche auf ihren Ist-Zustand ab. Die Absicherung an den Durchgängen der Fass-Deckelrollenbahnen der Sicherheitszelle erfolgt durch entsprechende Sicherungssysteme wie eine Lichtschrankenabsicherung.„Mit Hilfe des Roboters erfolgen Zufuhr und Entnahme an der Abfüllanlage vollautomatisch. Dadurch steigert das Unternehmen seine Produktivität im Supply-Chain-Management. Warengüter und Mitarbeiter profitieren durch die Automatisierung von höherer Sicherheit im Prozesshandling der Fässer“, fasst Andreas Heckel die erfolgreiche Realisierung der neuen Anlage zusammen. (il)

Autor

Lilian Lehr arbeitet bei Borgmeier Public Relations in Delmenhorst.